Mehr als 800 Mal pro Jahr operieren die Ärzte der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe des UKSH mit der „Schlüssellochtechnik“ der Laparoskopie. Das Team von Klinikdirektor Professor Dr. Achim Rody beteiligt sich in diesem Themenfeld an der „Industrie-in-Klinik-Plattform Lübeck“. Ein besonderes Augenmerk legen die Lübecker Kliniker dabei auf die Zusammenarbeit mit Medizintechnik-Herstellern bei der Entwicklung verbesserter Lokalisationsverfahren und -instrumente für die minimal-invasiven Operationen insbesondere im onkologischen Bereich.
Prof. Achim Rody zeigt sein tägliches Arbeitsgerät: ein Endoskop an einem im OP verwendeten Laparoskopie-Turm.
„Als Gynäkologen stehen wir im laparoskopischen Bereich ohnehin immer an der Spitze der technischen Entwicklung; schließlich war es Anfang der 80er Jahre mit Kurt Semm auch ein deutscher Gynäkologe, der dieses Verfahren als sogenannte ‚Pelviskopie‘ nicht nur für die Diagnose, sondern auch chirurgisch eingesetzt hat“, erzählt Professor Rody. Inzwischen habe sich die endoskopische Technologie erheblich weiterentwickelt, stoße aber gerade im Bereich der präzisen Lokalisation etwa von Tumoren während der Operation auch gelegentlich an ihre Grenzen. „Mit neuen optischen Verfahren und Technologien sind wir heute auf dem Weg, Tumoren oder andere kranke Gewebeteile auch intraoperativ noch exakter erkennen zu können, damit wir so wenig Gewebe wie möglich, aber so viel wie nötig entfernen können“, erläutert Rody das Entwicklungsziel in der Kooperation mit Technologie-Herstellern.
Ein Beispiel ist die in der Frauenheilkunde regelmäßig durchgeführte Entfernung von Lymphknoten bei Brustkrebs und bösartigen Tumoren des weiblichen Genitals. Hier erforschen die Spezialisten am zertifizierten Lübecker Krebszentrum eine Möglichkeit, den sogenannten „Wächterlymphknoten“ besser als bisher zu identifizieren. Der „Wächter“ ist der erste in der Abflussbahn der Tumor-Lymphflüssigkeit liegende Knoten. „Mithilfe der fluoreszierenden Wirkung des Kontrastmittels Indigocyaningrün erhalten wir einen gegenüber dem gängigen Mittel ‚Patentblau‘ oder gegenüber dem Einsatz von radioaktiven Markierungsstoffen klarer umrissenen Lymphknoten, der präzise entfernt werden kann und muss. Aber die umliegenden Knoten können bei Nichtbefall erhalten bleiben“, erklärt der erfahrene Operateur, der seit 2012 die Lübecker Frauenklinik leitet. So könnten Nerven sicher geschont und Lymphödeme vermieden werden.
Die gezielte Lokalisation und Verfolgung von Tumoren und anderen Gewebe-Herden während der Operation kann mit verschiedenen Geräte-Technologien verbessert werden. So arbeitet das Rody-Team unter anderem an der Entwicklung eines im Körper anwendbaren fokussierten Ultraschalls, mit dem die sogenannten „Myome“ (zumeist gutartige Gebärmutter-Muskeltumoren mit breitem Beschwerdebild) präziser und schonender als bisher verödet werden können. Bei der Behandlung der schmerzhaften „Endometriose“ (gebärmutterschleimhautähnliches Gewebe außerhalb der Gebärmutterhöhle) geht es zunächst darum, das in Form und Farbe heterogene Erscheinungsbild des „falschen“ Gewebes mit optischen Verfahren klarer darstellbar zu machen. „Dies kann möglicherweise in Verbindung mit der optischen Kohärenztomographie oder mit einer anderen neuen Bildgebungstechnik wie dem ‚narrow band imaging‘ mit seiner spezifischen Gewebeautofluoreszenz gelingen“, formuliert der Klinikchef vorsichtig.
Aktuell bereits im Aufbau ist ein 3D-Laparoskopie-Geräte-Turm. „In Zusammenarbeit mit einem Hersteller bekommen wir hier einen gegenüber dem bisherigen 2D-Bildstandard erheblich verbesserten Bildeindruck, sodass wir beim Operieren, speziell beim Setzen von Nähten, tatsächlich räumlich sehen und navigieren können“, freut sich Achim Rody, der zurzeit auch an einem Vergleich der 3D-Technik mit der neuen hochauflösenden „4K“-Monitortechnologie arbeitet. Diese und andere Geräte, darunter zum Beispiel eine neu entwickelte Ultraschallschere, werden jetzt in Lübeck erprobt. Für die Zukunft erwartet Rody gerade für die gynäkologische Onkologie ein „Arbeiten unter Sicht“, womit gesagt ist: Identifikations-, Lokalisations- und Visualisierungstechnologien werden so weit verbessert werden, dass neben der Operation auch die medikamentöse Behandlung bildgebend nachvollzogen werden kann. „Ich möchte noch zu meiner aktiven Zeit den Tumor regelrecht am Bildschirm verschwinden sehen können“, blickt der 46-Jährige einige Jahre voraus.
(rwe)