Bessere Daten in der Medizin: Fraunhofer MEVIS entwickelt Verfahren zur Berechnung, Visualisierung und Analyse medizinischer Bilddaten

Bilder spielen in der modernen, computergestützten Medizin eine zentrale Rolle in Diagnose und Therapie. Auf dem Lübecker Campus verfolgt Fraunhofer MEVIS das Ziel, die in den Bilddaten enthaltene Information optimal verfügbar zu machen. Fraunhofer MEVIS engagiert sich zudem als Entwicklungspartner für Hersteller im Projekt „Industrie-in-Klinik-Plattform Lübeck“.

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Professor Dr. Jan Modersitzki und sein Team arbeiten mit medizinischen Bilddaten (Foto: Mark Schenk, Fraunhofer MEVIS)

Die Visualisierung und Analyse von medizinischen Daten ist eine softwaretechnisch hoch komplexe Angelegenheit. Schon die Errechnung eines Bildes zum Beispiel aus den elektrischen Signalen, die bestimmte Atomkerne des untersuchten Körpergewebes unter dem Einfluss starker Magnetfelder im Magnetresonanztomographen senden, erscheint dem Laien als kleines Wunder. In der medizinischen Praxis kommen noch viele weitere Bildmodalitäten zum Einsatz, zum Beispiel Röntgenbilder, Computertomographie-Schnittbilder, nuklearmedizinische Bilder oder auch die Bilder der kleinen Endoskopie-Kameras. Hier setzt auch die besondere Kompetenz des Lübecker Teams von Fraunhofer MEVIS an: Sie sind international ausgewiesene Experten für die sogenannte „Bildregistrierung“. Das bedeutet unter anderem: Die von ihnen entwickelten und umgesetzten Verfahren können schneller, besser und unkomplizierter als andere dafür sorgen, dass verbindende Korrespondenzen von Organen und Strukturen unterschiedlichster Bildmodalitäten hergestellt werden. Dadurch können zum Beispiel Bilder verschiedener Geräte und Formate zu einem einheitlichen Gesamtbild zusammengefügt werden oder zeitliche Änderungen je nach Bedarf erkannt oder kompensiert werden.

„Aber natürlich stellt sich Fraunhofer MEVIS dem Anspruch, optimale Lösungen für alle klinische Fragen im gesamten Umfeld medizinischer Bilddaten anzubieten“, betont Jan Modersitzki, der den Lübecker Standort leitet und zudem Professor für Mathematik an der Lübecker Universität ist. „Wir adressieren zum einen die Technologien wie Bildakquise, Enhancement, Segmentierung, Registrierung oder Visualisierung, zum anderen aber auch deren Umsetzung in die klinischen Bereiche wie Radiologie, Strahlentherapie oder Nuklearmedizin.“ Mit solchen Methoden ist laut Modersitzki beispielsweise sogar eine Bewertung der Lungenfunktion eines Patienten möglich, die in den Bildern allein nicht erkennbar ist.

Die Entwicklungsanstrengungen der Experten zielen auf einen konkreten Nutzen in der klinischen Anwendungspraxis. „Über beste Informationen in kürzester Zeit verfügen zu können, ist für alle Beteiligten von Vorteil“, fasst Modersitzki die Zielstellung zusammen. „Der Patient erhält am Ende der Kette die bestmögliche Diagnose oder Therapie, der Arzt die optimale technische Unterstützung. Für Software- und Gerätehersteller steht hohe Qualität bei hoher Verarbeitungsgeschwindigkeit, die Anforderungen des Medizinproduktgesetzes und die Zufriedenheit der Kunden im Vordergrund. Für die Kliniken geht es um Effizienz und Effektivität.“ Die zugrunde liegende Software-Plattform „MeVisLab“ sowie die spezifischen Applikationen sind Eigenentwicklungen von Fraunhofer MEVIS. Damit kann man flexibel auf unterschiedliche Anforderungen, zum Beispiel auch solche der verfügbaren Hardware, reagieren, so Modersitzki. „Das ist bei so komplexen Ansprüchen und enormen Datenmengen, wie wir sie bereits jetzt haben und zukünftig in noch viel größerem Umfang erwarten, nicht einfach. Auch deshalb entwickeln wir Lösungen für das Management und die automatisierte Analyse großer Datenmengen, wie sie zum Beispiel in der Patienten-individualisierten Therapie zum Tragen kommen.“

Bereits jetzt sind die Lösungen von Fraunhofer MEVIS in verschiedenen klinischen Bereichen im Einsatz. Beispielsweise in der Leberchirurgie unterstützt Fraunhofer MEVIS bei der Entdeckung und Entfernung von Tumoren, oder bei einer Strahlentherapie wird eine Gewichtsänderung oder unterschiedliche Positionierung des Patienten automatisch korrigiert. Auch die Hersteller von Beatmungsgeräten denken über eine Softwarelösung nach, die den Atemfluss anhand von nur jeweils zwei Bildern (Einatmen/Ausatmen) darstellen und kontrollieren kann.

(rwe)