Die Lübecker Uni-Neurogenetiker auf dem langen Weg zur individuellen Behandlung von Parkinson
Seit vielen Jahren reden die Medizin- und Pharmabranchen weltweit von der Medizin der Zukunft als tatsächlich individualisierter Behandlung und Medikation. Noch ist der Fortschritt in diese Richtung langsam. Aber am Lübecker Uni-Institut für Neurogenetik hat man sich aufgemacht, einen international beachteten Forschungsbeitrag zu leisten, der insbesondere bei der Behandlung von bestimmten Parkinson-Patienten seine Anwendung finden wird.
Die Hoffnungen für die rund fünf Prozent aller Parkinson-Kranken, deren Krankheitsform mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einen ganz bestimmten Gen-Defekt zurückgeht, ruhen auf simplen Hautzellen. Diese werden bereits heute im Lübecker Labor zu Forschungszwecken in Stammzellen und dann speziell zu Nervenzellen umgebaut. Mittelfristig (das heißt in vielleicht fünfzehn oder zwanzig Jahren) verspricht man sich davon eine tatsächlich individuelle Einstellung der bisher für alle Parkinson-Patienten einheitlichen Medikamenten-Therapie – langfristig vielleicht sogar die direkte, individuelle Herstellung genetisch „eigener“ Nervenzellen, die ohne Abstoßungsgefahr implantiert werden könnten. Allerdings müssen für diese Arbeit am Einzelfall die Kosten der genetischen Testung beziehungsweise Zelldifferenzierung noch um ein Vielfaches sinken, bevor die Anwendung im industriell-breiten Maßstab möglich und gesellschaftlich-ökonomisch finanzierbar wird.
Im von der Europäischen Union mit 52 Millionen Euro für fünf Jahre geförderten Verbundprojekt stembancc.org arbeiten die Lübecker Neurogenetiker jetzt erst einmal gemeinsam mit 100 Partnern aus Forschung und Industrie daran, den entscheidenden Vorgang der Umwandlung von Hautzellen in die sogenannten „induzierten pluripotenten Stammzellen“ (IPS) methodisch zu standardisieren. Das kleine Lübecker Institutslabor mit seinen 40 Mitarbeitern hat mit Unterstützung der UniTransferKlinik Lübeck immerhin eine Million Euro für die weitere Ausdifferenzierung der eigenen, seit 2009 entwickelten Methode der Zell-Differenzierung erhalten – offenbar hat die Entwicklung in Lübeck international bereits Aufmerksamkeit erregt.
Nach dem mehrstufigen Differenzierungsverfahren sind die IPS „echte“ Stammzellen, die sich in alle möglichen Anwendungen (das heißt: Zellarten) weiterdifferenzieren lassen. Immerhin 150 Zell-Linien liegen in Lübeck vor, davon sind bereits 20 zu IPS entwickelt. Die Lübecker Forscher um die Institutsleiterin Prof. Dr. Christine Klein haben aus diesem Potenzial auch schon ein kleines „Geschäftsmodell“ entwickelt: Sie „machen“ bereits Zellen für andere Forscher, darunter solche Herzzellen wie im kleinen Film unten:
(rwe)
Es gibt auch einen interessanten Image-Info-Film dieser Lübecker Neurogenetiker auf YouTube:
http://www.youtube.com/watch?v=C5NyuzxVzqg&feature=youtu.be